DAS hat einen enormen Einfluss auf deine Verdauung
Verdauung ist nicht gerade etwas, was man im Alltag gerne in Gesprächen erwähnt. Ich hingegen liebe es, über die Bedeutung einer guten Verdauung zu sprechen, vor allem, weil sie ein wichtiger Indikator für deinen aktuellen Gesundheitszustand sein kann. Für eine schlechte Verdauung kann es eine Reihe von Ursachen geben. Großen Einfluss haben insbesondere unsere Ernährung und unser Lebensstil.
Ernährung und Verdauung sind meine Spezialgebiete. Aber weil ich weiß, dass auch der Lebensstil einen ebenso großen Einfluss auf unsere Verdauung hat, habe ich meinen guten Freund und Sportwissenschaftler Hikmat Tubaileh zu Rate gezogen. Der sympathische Hamburger Jung, der mit seiner guten Laune eigentlich alle zum Lachen bringt, hat einen Master in Sport- und Bewegungswissenschaft.
Hikmat hat diesen Gastartikel über das Thema geschrieben, das einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit und Verdauung hat:
Bewegung.
Hikmat hat sich die aktuelle Studienlage angeschaut, um euch den spannenden Zusammenhang von Bewegung und Verdauung näher zu bringen. Anschließend beschreibt er praktische Übungen für die Unterstützung des Magen-Darm-Trakts, die ihr super einfach in euren Alltag einbauen könnt.
Vom “Fluss der Bewegung”
Bewegung und ein gesunder Körper gehören zusammen wie Sommer und Sonne.
Wir wissen alle: Bewegung wirkt sich positiv auf unser Herz-Kreislauf-System, unsere Muskeln und unsere Stimmung aus. Bewegung kann heilsam sein, Bewegung tut gut und regt den Stoffwechsel an. Wir sollten Bewegung ganzheitlich betrachten. Denn Bewegung ist ein Teil des großen Ganzen und beeinflusst alle Einzelsysteme in unserem Körper.
Wusstest du, dass Bewegung auch auf deinen Darm und deine Verdauung einen nachhaltigen Einfluss hat?
Sicherlich kennst du das berühmte Zitat von Heraklit: “Alles fließt.”
Bewegung ist das Gegenteil von Stagnation. Bewegung in der Physik ist die Ortsveränderung mit der Zeit. Bewegung des Körpers bedeutet Positions- und Lageveränderungen der Gelenke. Bewegung bedeutet Leben.
“Zu unserer Natur gehört die Bewegung, die vollkommene Ruhe ist der Tod. Die kleinste Bewegung ist für die ganze Natur von Bedeutung; das ganze Meer verändert sich, wenn ein Stein hineingeworfen wird.”
— BLAISE PASCAL, FRANZÖSISCHER PHYSIKER UND PHILOSOPH (1623-1662)
Ich möchte gerne einen Punkt hervorheben: Bewusstsein zur Bewegung.
Was meine ich damit?
Bewegung ist nicht nur mit den Augen sichtbar. Bewegung ist nicht nur Sport. Bewegung ist vielmehr! Bewegung ist auch etwas zu spüren oder zu fühlen. Täglich findet so viel Bewegung in unserem Körper statt, der wir uns gar nicht bewusst sind.
Wenn wir etwas essen, dann bewegt sich alles.
Das beginnt bei den Augen, dann folgen die Riechrezeptoren der Nase, der Mund, die Zunge, der Rachen… Nahrung wandert unsere Speiseröhre herunter in den Magen, den Dünndarm und schließlich den Dickdarm. Schon wenige Zentimeter nachdem das Essen unseren Rachen verlassen hat, spüren wir nichts mehr oder nur noch sehr wenig von diesem Weg, den unser Essen beschreitet.
Das “harmonische Fließen der Bewegung” bekommt hier eine andere Bedeutung. Denn bleibt etwas stecken, essen wir zu viel oder etwas Falsches, wird dieser Fluss unterbrochen und wir fühlen uns unwohl. Um diesen Fluss der Bewegung im Körper aufrecht zu erhalten, ist körperliche Aktivität förderlich.
Bewegung macht uns und den Darm glücklich
Wir haben es ja schon immer gewusst! Sport macht glücklich. Menschen die sich regelmäßig bewegen, fühlen sich tagsüber energetischer und wohler. Bewegung kann die Laune heben und beeinflusst Stress, Depressionen und Ängste. Körperliche Aktivität kann aber auch die Vielfalt der Darmflora und den Verlauf von Erkrankungen des Darms (z.B. Morbus Crohn) positiv beeinflussen.
Das Tolle ist, dass körperliche Aktivität neben Schwitzen im Fitnessstudio auch zügige Spaziergänge mit Freunden oder ausgelassenes Tanzen sein können. Ob allein oder in der Gruppe, im Freien oder zu Hause - du kannst das auswählen, was dir Spaß macht. Vorausgesetzt natürlich die richtige Ausführung der jeweiligen Bewegungen.
Auch eine Überbelastung solltest du vermeiden, um keine negativen Auswirkungen zu provozieren.
Bewegung, Stoffwechsel und Darmflora - es hängt alles zusammen
Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Faktor für das Zusammenspiel zwischen der Mikrobiota des Darms (also der Darmflora), Immunsystem, Stoffwechsel und Ernährung. Bestimmte Veränderungen der Zusammensetzung der Darmflora können mit erhöhtem Blutzuckerspiegel (Diabetes mellitus) oder Übergewicht (Adipositas) in Verbindung gebracht werden. Auch der Verlust der Diversität (Vielfalt) der mikrobiellen Darmflora kann zu Magen- und Darmbeschwerden (gastrointestinalen Erkrankungen) oder Adipositas führen. Dies wiederum wird mit Entzündungen (Inflammation) in Verbindung gebracht.
Es gibt erste Forschungen, die untersuchen, wie sich die Zusammensetzung der Darmbakterien durch Sport verändert. Bei Sportlern findet man eine andere Darmflora als bei Menschen, die sich wenig bewegen. Allerdings haben sich die Sportler auch anders ernährt.
Bei genauerer Betrachtung sind positive Einflüsse durch körperliche Aktivität auf den gastrointestinalen Bereich zu verzeichnen. Körperliche Aktivität hemmt Entzündungsprozesse und kann den Verlauf von Krankheitsbildern (z.B. Morbus Crohn) im Darm positiv beeinflussen.
Aber: Natürlich sollten wir die aktuelle Studienlage kritisch betrachten. Viele Zusammenhänge und Wechselwirkungen stehen noch am Anfang der Forschung und müssen weiter erforscht werden (Ursache-Wechselwirkung).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass körperliche Aktivität Veränderungen im Profil der Darmmikrobiota hervorrufen kann, was dazu beitragen könnte, die gesundheitlichen Vorteile von Bewegung zu erklären. Bewegung hat so viele positive Einflüsse auf unseren Körper und gehört zu jedem gesunden Lebensstil dazu. In der Zukunft werden wir sicherlich noch viel mehr über den Zusammenhang von Bewegung und Darmgesundheit wissen.
Und das könnt ihr für eure Darmgesundheit tun
Bewegt euch! Geht raus und macht eine Fahrradtour mit Freunden, schaut mal wieder in euren Fitnessstudios vorbei oder sucht euch YouTube-Videos zum Mitmachen. Regelmäßige Bewegung tut einfach gut.
Im Folgenden habe ich euch zwei praktische Übungen mitgebracht, die ihr neben einer gesunden täglichen Ernährung in euren Alltag einbauen könnt, um den Magen-Darm-Trakt positiv zu beeinflussen.
ÜBUNG 1: QI-GONG-ÜBUNG IM SCHNEIDERSITZ
Aus dem Buch: Wu, L. (2015). TCM für jeden Tag. Entspannt und gesund durch die Woche (3., Aufl.). Murnau am Staffelsee: Mankau Verlag
Schritt 1:
Sitzen Sie bequem im Schneidersitz und legen Sie Ihre rechte Hand auf das rechte Knie und die linke Hand auf das linke Knie.
Schritt 2:
Beugen Sie jetzt den Kopf so weit vor, wie es ihnen möglich ist, ohne dass dabei Beschwerden auftreten.
Schritt 3:
Atmen Sie ganz tief durch die Nase ein.
Schritt 4:
Beginnend mit dem Kopf und dem Hals, drehen Sie sich mit dem Oberkörper einmal im Uhrzeigersinn. Sie atmen dabei entspannt und gleichmäßig aus.
Schritt 5:
Wenn Sie mit der Drehung durch sind, verharren Sie kurz in der Ausgangsstellung und atmen erneut tief durch die Nase ein.
Schritt 6:
Beginnend mit dem Kopf und dem Hals, drehen Sie sich mit dem Oberkörper einmal gegen dem im Uhrzeigersinn. Sie atmen dabei entspannt und gleichmäßig aus.
Schritt 7:
Diese Qi-Gong-Übung sollten Sie, je Seite, im Wechsel, zwanzigmal ausführen.
ÜBUNG 2: SIEBTES WUNDER - DIE BAUCHMASSAGE
Aus dem Buch: Hin, K. (2006). Chinesische Massage und Akupunktur. Eine Anleitung zur Selbsthilfe (7., Aufl.). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Diese Übung kann und sollte morgens nach dem direkten Aufstehen oder vor dem Schlafen durchgeführt werden. Vorzugsweise sollten Sie dabei nackt sein, sich aber keiner Zugluft (Wind) aussetzen. Sie können diese Übung sitzend oder liegend machen. Ebenfalls können Sie sich zudecken, die fließende Handbewegung sollte dabei nicht gestört werden.
Kontraindikationen*:
Diese Übung beugt einem Magengeschwür vor. Wenn Sie jedoch schon darunter leiden, dann machen Sie diese Übung NICHT! Ebenfalls ist diese Übung bei Bauchfell- und Blinddarmentzündungen sowie bei allen Arten von Krebs in der Bauchgegend zu unterlassen. Sollten Sie lange nichts mehr gegessen haben und großen Hunger verspüren oder soeben sich den Bauch vollgeschlagen haben – zwei Extreme die Sie ohnehin meiden sollten – führen Sie diese Übung nicht aus.
*Diese Informationen sind mit dem Verständnis der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zu berücksichtigen. Sie haben ihre Berechtigung und sollten zunächst angenommen werden. Denn solange der Forschungsstand (sowohl in der Schulmedizin als auch in der TCM durch weitere Untersuchungen) nicht weiter in diesem Bereich evidenzbasierten durchleuchtet worden ist, sollten die Kontraindikationen ernst genommen werden.
Die Bauchmassage für Frauen:
Zunächst legen Sie Ihre rechte Hand unter die linke Brust. Dort beginnend, kreist die flache innere Hand 40 mal im Uhrzeigersinn. Entsprechend massieren Sie hier die Magengegend. Der unterste Punkt des Kreises sollte über dem Bauchnabel liegen.
Nach 40mal kreisen legen Sie die linke unter den Bauchnabel und kreisen 40mal im Gegenuhrzeigersinn über den Unterleib.
Das Kreisen der Hände sollte sanft und nahezu drucklos sein. Besonders gilt dies für schwangere und ältere Frauen.
Bauchmassage für Männer:
Zunächst legen Sie Ihre rechte Hand unter die linke Brust. Dort beginnend, kreist die flache innere Hand 40 mal in großen Kreisen im Uhrzeigersinn um den Bauch.
Nach 40 mal kreisen legen Sie die linke unter die rechte Brust und wiederholen Sie die Massage ebenfalls 40 mal im Gegenuhrzeigersinn.
Hikmat Tubaileh
M.A. Sport- und Bewegungswissenschaft
Hikmat ist seit 11 Jahren als Sportwissenschaftler, Personal Trainer, Medizinischer Trainings-Therapeut und Experte für Betriebliches Gesundheitsmanagement tätig. Er arbeitet u.a. für das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und EDEKA.
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Quellen:
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