Sechs Dinge, die du über Zöliakie wissen musst

Kein Gluten bei Zöliakie

Viele Menschen, die ich als Ernährungsberaterin berate, vermuten, dass sie an Zöliakie leiden könnten. Diese Vermutung ist oft mit Unsicherheit und Sorge verbunden. Zöliakie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, aber zum Glück haben die meisten Menschen keine Zöliakie. Hierzulande sind schätzungsweise 800.000 Menschen von Zöliakie betroffen (Stand Juni 2024). Dennoch ist es wichtig, über diese Krankheit Bescheid zu wissen, da sie viele Aspekte des täglichen Lebens beeinflussen kann. Hier sind sechs wichtige Dinge, die du über Zöliakie wissen solltest.

1. Zöliakie verursacht nicht nur Verdauungsbeschwerden

Früher dachte man, dass Zöliakie hauptsächlich Symptome wie Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen und unerklärlichen Gewichtsverlust verursacht. Neue Studien zeigen jedoch, dass nur etwa 27 % der Betroffenen diese klassischen Symptome haben. Etwa 52 % der Patienten zeigen nicht-klassische Symptome wie Verstopfung, Anämie, neurologische Störungen, Osteoporose und Dermatitis herpetiformis. Dermatitis herpetiformis ist ein juckender Hautausschlag, der mit Zöliakie in Verbindung steht und meist auf Ellbogen, Knien und Gesäß auftritt.

Darüber hinaus können Menschen auch Müdigkeit, Kopfschmerzen, Mundgeschwüre und Konzentrationsschwierigkeiten sowie andere Symptome haben. Manche Menschen haben sogar gar keine Symptome, was die Diagnose zusätzlich erschwert.

Aufgrund dieser Darm- und Nicht-Darm-Symptome und da die Symptome anderen Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom ähneln können, kann es lange dauern, bis eine Diagnose gestellt wird. Derzeit dauert es im Durchschnitt 13 Jahre, bis eine Zöliakie-Diagnose gestellt wird, und etwa 64 % der Menschen mit Zöliakie bleiben undiagnostiziert.

2. Zöliakie ist keine Allergie oder Unverträglichkeit

Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem den eigenen Dünndarm angreift, sobald Gluten konsumiert wird. Dieser Angriff verursacht Entzündungen und Schäden im Dünndarm, die zu vielfältigen Symptomen und langfristigen gesundheitlichen Problemen führen können. Im Gegensatz zu einer Allergie oder Unverträglichkeit, bei der keine strukturellen Schäden im Darm entstehen, verursacht Zöliakie direkte Schäden an der Darmschleimhaut.

Gluten ist ein Protein, das in Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel, Einkorn, Emmer, Kamut und kontaminierten Haferflocken vorkommt.

Haferflocken sind von Natur aus glutenfrei. Allerdings besteht das Risiko von Kreuzkontamination, da Hafer oft auf Feldern angebaut wird, die auch Weizen, Gerste oder Roggen enthalten können, oder während der Verarbeitung mit diesen Getreidesorten in Berührung kommt. Aus diesem Grund sollten Menschen mit Zöliakie nur Haferprodukte verwenden, die als glutenfrei gekennzeichnet sind und nicht mit Gluten kontaminiert wurden.

3. Gluten muss in deiner Ernährung bleiben, um diagnostiziert zu werden

Um eine genaue Diagnose zu stellen, musst du vor dem Testen Gluten essen. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfiehlt, mindestens sechs Wochen lang täglich glutenhaltige Lebensmittel zu konsumieren, bevor ein Zöliakie-Test durchgeführt wird. Der erste Schritt ist in der Regel ein Bluttest auf spezifische Antikörper, wie Gewebstransglutaminase-IgA-Antikörper. Ein negativer Antikörper-Test kann das Vorliegen einer Zöliakie mit relativ großer Sicherheit ausschließen. Es muss jedoch auch immer zumindest einmalig bei der ersten Untersuchung ein IgA-Mangel ausgeschlossen werden. Im Fall eines IgA-Mangels können die IgA-Antikörpertests gegen Gewebstransglutaminase nicht verwendet werden, da sie in der Regel selbst bei einem Vollbild einer Zöliakie ein negatives Ergebnis bringen. Eine endgültige Diagnose erfordert oft eine Dünndarmbiopsie, die zeigt, ob es zu Schäden an der Darmschleimhaut gekommen ist.

4. Selbst ein Krümel Gluten ist schädlich für Menschen mit Zöliakie

Leider gibt es keine Medikamente, die die Auswirkungen von Gluten bei Zöliakie verhindern können. Bereits 10-50 mg Gluten reichen aus, um Schäden im Dünndarm zu verursachen. Das entspricht weniger als einem Krümel Brot! Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit oder Weizensensitivität können Krümel in der Regel ohne Bedenken essen, aber Menschen mit Zöliakie müssen jeden Krümel meiden, um ihre Gesundheit zu schützen. Deshalb müssen Menschen mit Zöliakie sehr strikt glutenfreie Lebensmittel konsumieren und auf Kreuzkontamination achten. Dies macht den Alltag oft herausfordernd, insbesondere beim Essen außer Haus.

5. Ein Leben ohne Gluten kann psychisch belastend sein

Das Leben mit Zöliakie erfordert ständige Wachsamkeit und Disziplin, um glutenhaltige Lebensmittel zu vermeiden. Dies kann psychisch belastend sein, da die strikte Diät soziale und emotionale Herausforderungen mit sich bringt.

Es ist wie ein Minenfeld, wenn glutenfreie und glutenhaltige Lebensmittel nebeneinander aufbewahrt werden oder in einem gemeinsamen Behälter serviert werden. Dies kann das Vertrauen in die Lebensmittelsicherheit und die Freude am Essen beeinträchtigen.

Es kann für Menschen mit Zöliakie äußerst belastend sein, wenn ihre Erkrankung nicht ernst genommen wird. Insbesondere kann es frustrierend sein, wenn Menschen, die aus anderen Gründen als Zöliakie auf Gluten verzichten, die Gefahren von Kreuzkontamination nicht verstehen. Weil viele Menschen aufgrund von Diäten oder Ernährungspräferenzen auf bestimmte Lebensmittel verzichten und im Restaurant oft Ausnahmen machen, kann es sein, dass Restaurantmitarbeiter die Bitten von Menschen mit Zöliakie nicht ernst nehmen. Zum Beispiel können sie unwissentlich Krümel von glutenhaltigen Lebensmitteln hinterlassen, was für jemanden mit Zöliakie problematisch sein kann. Das ist frustrierend, da selbst geringste Spuren von Gluten die Gesundheit von Menschen mit Zöliakie gefährden können.

6. Zöliakie ist eine ernsthafte Erkrankung

Zöliakie mag auf den ersten Blick einfach erscheinen – „einfach glutenfrei essen“ – aber die Realität ist komplexer. Unbehandelte Zöliakie kann zu ernsthaften Komplikationen wie Osteoporose, Unfruchtbarkeit, neurologischen Problemen und einem erhöhten Risiko für Dünndarmkrebs führen. Daher ist eine regelmäßige medizinische Überwachung notwendig. Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft (DZG) empfiehlt jährliche Kontrollen und regelmäßige Bluttests, um sicherzustellen, dass keine Mangelzustände oder andere gesundheitlichen Probleme auftreten.

Die weltweite Prävalenz von Zöliakie wird auf etwa 1 % der Bevölkerung geschätzt, wobei die Raten je nach Region variieren können. In Deutschland liegt die Häufigkeit ebenfalls bei etwa 1 %, was bedeutet, dass hierzulande schätzungsweise 800.000 Menschen betroffen sind. Allerdings ist die Dunkelziffer der nicht erkannten Zöliakie-Fälle sehr hoch und dürfte zwischen 80 und 90 % liegen.

Fazit

Zöliakie ist eine komplexe und ernstzunehmende Erkrankung, die eine sorgfältige und konsequente Behandlung erfordert. Die meisten Menschen haben zwar keine Zöliakie. Doch wenn du Verdauungsprobleme oder andere unerklärliche Symptome hast, zögere nicht, medizinischen Rat einzuholen und einen Test auf Zöliakie in Betracht zu ziehen. Ein gesundes und glückliches Leben ist auch mit Zöliakie möglich, wenn du die richtigen Schritte unternimmst und die nötige Unterstützung erhältst.

Hier kannst du einen Zöliakie-Test auf Transglutaminase-Antikörper machen.

Du kannst den Test zuhause machen oder (noch besser und empfohlen) du machst einen Termin beim Arzt.

Artikel, die dich interessieren könnten:

  • Caio G, Volta U, Sapone A, Leffler DA, De Giorgio R, Catassi C, Fasano A. Celiac disease: a comprehensive current review. BMC Med. 2019 Jul 23;17(1):142. doi: 10.1186/s12916-019-1380-z. PMID: 31331324; PMCID: PMC6647104.

    Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. (DZG). https://www.dzg-online.de

    Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). https://www.dgvs.de

Zurück
Zurück

Gluten und Kinderwunsch: So beeinflusst Zöliakie die Fruchtbarkeit

Weiter
Weiter

Endometriose und Gluten: Kann eine glutenfreie Ernährung helfen?